Almuth Berger

geboren 1943 in Tangermünde

Almuth Bergers Eltern – Theologen, die während der Nazizeit Mitglieder der Bekennenden Kirche waren – lebten ihren Kindern vor, was Ökumene bedeutete. Am häuslichen Küchentisch saßen oft Gäste aus Afrika oder Indien, andere Hautfarben, Kulturen und Religionen wurden geachtet. „Diese Offenheit hat mich geprägt“, sagt Almuth Berger, die mit 17 davon träumte, in Afrika Kinder zu unterrichten, dann aber in Berlin Theologie studierte.

Noch während des Studiums heiratete sie, ihr Mann gehörte zu den ersten Bausoldaten. Eine verheiratete Frau sahen die Kirchenoberen nicht gern im Pfarramt, und so konnte sie erst 1975 das zweite theologische Staatsexamen ablegen, die drei Töchter waren mittlerweile schon geboren. Sie folgte 1976 ihrem Mann nach Magdeburg, organisierte Friedenssonntage und Friedensdekaden mit und beteiligte sich aktiv in Magdeburg an der Gründung der Gruppe Frauen für den Frieden. „Wir wollten Menschen ermutigen und bestärken, sich für Gerechtigkeit und Frieden einzusetzen.“

1985 wieder in Berlin, nahm sie die Pfarrstelle in der Bartholomäusgemeinde in Friedrichshain an. Auch hier wollte sie den Menschen den Rücken stärken, Raum für Diskussionen schaffen, gemeinsam mit anderen darüber nachdenken, wie eine Erziehung zum Frieden aussehen könnte. In ihrer Gemeinde traten Künstler wie Freya Klier und Stefan Krawczyk auf, obwohl beide in der DDR Auftrittsverbot hatten.

Seit 1986 gab es in der Gemeinde eine Gruppe junger Christen aus Mosambik, denen die Pfarrerin anfänglich nur einen Raum für Gottesdienste zur Verfügung stellte. Doch bald fanden regelmäßig Treffen statt, für die Almuth Berger sogar Portugiesisch lernte. 1988 gründete sie zusammen mit engagierten jungen Leuten die Cabana (kleine Hütte), eine der ersten Begegnungsstätten für In- und Ausländer in der DDR, Vorbild für weitere Gründungen in anderen Städten. Es kamen Mosambikaner, Chilenen, Palästinenser, Chinesen. Hier konnten sie frei und offen mit den Deutschen reden, was von offizieller Seite nicht gern gesehen wurde.

1987 entstand unter maßgeblicher Beteiligung von Almuth Berger die Initiative Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung, aus der im Sommer 1989 die Bürgerbewegung Demokratie Jetzt hervorging. Anliegen der Gruppe war es nicht nur, die Einschränkung der Reisefreiheit durch die Mauer anzuprangern, es ging auch um das Zusammenleben mit den europäischen Nachbarn, um Kritik an Abgrenzungen innerhalb der Kirche und der Gesellschaft. Fürbittgottesdienste für die 1988 Verhafteten, Wahlbeobachtung, Integration von Ausländern – für Almuth Berger gehörte das alles zusammen. Als sie 1990 Ausländerbeauftragte der letzten DDR-Regierung und später im Land Brandenburg wurde, begann die intensivste und spannendste Zeit ihres Lebens, wie sie sagt.

Almuth Berger ist auch als Rentnerin in ihrer Kirchen- und Kommunalgemeinde aktiv, noch immer möchte sie Menschen bewegen, sich für mehr Gerechtigkeit einzusetzen, „weil man den Tatsachen ins Auge sehen muss“.

Nanette Hojdyssek

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