Ulrike Poppe

geboren 1953 in Rostock

Im Zentrum ihres politischen Handelns lagen und liegen für Ulrike Poppe die Menschenrechte in ihrer umfassenden Bedeutung für die Gesellschaft und den Staat. Sie sind für Ulrike Poppe einerseits kodifiziertes Recht, dessen Umsetzung bis in den Alltag hinein wirksam sein muss. Andererseits haben sie eine existenzielle Dimension. Sie eröffnen die Möglichkeit, wie Václav Havel im Jahr 1978 schrieb, in der Wahrheit zu leben. Diesen „Versuch, in der Wahrheit zu leben“, versteht sie als moralischen und politischen Imperativ sowie als Lebensstil, mit dem das Lügengewebe der Diktatur zerrissen wird. Er war nicht nur Anspruch, sondern zugleich Wegweiser aus der verordneten Unmündigkeit in der kommunistischen Diktatur.

Einen ersten, vieles entscheidenden Schritt ging Ulrike Poppe, als sie 1973 ihr Studium der Kunsterziehung und Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin abbrach, weil sie sich nicht als zukünftige Lehrerin in den Dienst der Diktatur stellen lassen wollte. In der Gruppe Frauen für den Frieden, den Initiativen Frieden und Menschenrechte sowie Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung und dem Netzwerk Frieden konkret schuf sie die geistigen Grundlagen, die der Friedlichen Revolution von 1989/90 eine Richtung gaben. Anlässlich des 30. Jahrestages des ungarischen Volksaufstandes im Oktober 1986 trat Ulrike Poppe zusammen mit ungarischen, slowakischen, tschechischen und polnischen Bürgerrechtlern für die Selbstbestimmung der Nationen im Ostblock und eine friedliche Überwindung der Teilung Europas ein. Im Dezember 1987 formulierte die Initiative Frieden und Menschenrechte öffentlich das Ziel, in der DDR Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu errichten. Diese Ziele fanden sich in der im September 1989 gegründeten Bürgerbewegung Demokratie Jetzt wieder, als deren Sprecherin Ulrike Poppe einen Volksentscheid gegen die „führende Rolle der SED“ forderte und sich für eine Treuhandgesellschaft aussprach, die das wirtschaftliche Vermögen in der DDR gerecht transformieren sollte. Demokratie Jetzt drängte frühzeitig auf einen institutionalisierten gesellschaftlichen Reformdialog, die Runden Tische. Ulrike Poppe war Vertreterin von Demokratie Jetzt am Zentralen Runden Tisch in Berlin.

Zum anerkannten Vorbild wurde nach der Öffnung der Archive ihr Umgang mit den eigenen Erfahrungen des Verrates durch Freunde, der Bespitzelung und Zersetzung durch die Staatssicherheit. Dieser Weg, der zunächst den Tätern einen Lernprozess abverlangte, ehe er die Opfer mit der Notwendigkeit eines Dialoges konfrontierte, bewahrte sie vor einer vorschnellen, aus tagespolitischen Erwägungen geborenen Rede von „Versöhnung“. Im Dezember 2009 wurde Ulrike Poppe vom Brandenburger Landtag einstimmig zur Beauftragten des Landes zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur gewählt.

Christian Sachse

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