Frank Ebert

geboren 1970 in Halle (Saale)

„Bleibe im Land und wehre dich täglich“ – wenn es für Frank Ebert zu DDR-Zeiten ein Lebensmotto gab, dann dieses. Ausreisen war für ihn keine Option. Sich anpassen ebenso wenig. Schon in der Schule rebellierte er gegen die absurde Militarisierung des Unterrichts, trat mit 16 aus der FDJ aus. Sein gradliniger Blick lässt bis heute keinen Zweifel daran, dass er Kompromisse nicht immer für die beste Lösung hält.

Aufgewachsen in Halle, hatte Frank Ebert durch seine ältere Schwester Bettina früh Kontakt zu oppositionellen Gruppen. Mitte 1988, Ebert wohnte inzwischen in Ost-Berlin und machte eine Lehre als Maschinenbauer, schloss er sich der Umwelt-Bibliothek in der Zionsgemeinde an. Im Keller des Pfarrhauses druckte er mit einer Handvoll Mitstreiter Untergrundzeitschriften und illegale Flugblätter. Seit dem gescheiterten Überfall der Staatssicherheit im November 1987 war die Umwelt-Bibliothek über die DDR-Grenzen hinaus bekannt.

Frank Ebert gehörte zur letzten Generation von Jugendlichen in der DDR, die in der Opposition aktiv wurden, bevor das System zusammenbrach. Junge Leute, die radikaler waren als ihre Vorbilder, spontaner, oft auch unüberlegter. Ihren Protest artikulierten sie auf den Schultern derjenigen, die seit den 1950er-Jahren die Grenzen des Sagbaren in der Diktatur geweitet hatten. Das bedeutete nicht, dass sie mit ihren Aktionen kein großes Risiko eingingen. Viermal wurde Frank Ebert aufgegriffen, verhaftet, verhört. Einmal erwischte ihn die Volkspolizei mit frisch gedruckten Flugblättern im Rucksack. Dreimal wurde er festgenommen, als er mit einer kleinen Gruppe Unerschrockener an jedem 7. des Monats auf dem Alexanderplatz gegen den Wahlbetrug im Mai 1989 protestierte. 

Anfang Oktober 1989 organisierte er die Mahnwache in der Gethsemanekirche mit, um für die Freilassung aller politischen Gefangenen in der DDR zu demonstrieren. Eine Welle der Solidarität und der Wut spülte in diesen Tagen Tausende Unterstützer in das Gotteshaus. Als in der Nacht vom 7. Oktober Polizei, der Staatssicherheitsdienst und die FDJ auf Protestierende einprügelten, Wasserwerfer auffuhren und Lkws mit Räumschilden die Straßen abriegelten, wuchs die Angst. „Wir wussten ja damals nicht, ob es in der DDR eine ‚chinesische Lösung‘ geben würde.“ Frank Ebert diskutierte mit den Posten, versuchte zu beruhigen, die Lage zu entschärfen. Zwei Wochen harrte er an der Kirche aus, gab Interviews, telefonierte mit Oppositionellen aus dem ganzen Land.

Einschüchtern ließ sich der ruhelose Rebell nicht, einlullen schon gar nicht. Ende Oktober demonstrierte er gegen die Einsetzung von Egon Krenz als neuem Staatschef. Als die Mauer längst gefallen war, beteiligte er sich im September 1990 an der Besetzung des Archivs, in dem die Stasi-Akten lagerten, um die Öffnung der Akten zu erzwingen. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Umwelt-Bibliothek gründete er Anfang der 1990er Jahre das Matthias-Domaschk-Archiv, das Fotos und Dokumente der DDR-Opposition bewahren sollte. Heute ist Frank Ebert Projektleiter bei der Robert-Havemann-Gesellschaft und will vor allem jungen Menschen vermitteln, dass es sich zu wehren lohnt. Täglich. 

Ilona Schäkel

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